Filmvorführung #femalepleasure

Am 27.03.2019 zeigten wir den Dokumentarfilm #femalepleasure im Friedberger „Central-Studio“. Die Veranstaltung war schnell ausverkauft und sowohl der Film als auch die anschließende Diskussions- und Fragerunde mit der Protagonistin Doris Wagner und den lokalen Expertinnen vom Friedberger Frauenhaus, Frauennotruf Wetterau e.V. und Wildwasser e.V. konnte das Publikum begeistern.

Plakat #femalepleasure
Beim Vorbereitungstreffen in Wiesbaden herrscht gute Stimmung (v.l.): Dr. Beate Albertest (Schriftführerin SI Bad Nauheim), Doris Wagner (Protagonistin des Films #femalepleasure), Katharina Scheppern (Präsidentin SI Wiesbaden), Pfarrerin Christiane Musch, Lilith Becker (Moderatorin in Langen) und Gabi Reiter (Partnerschaft für Demokratie Wiesbaden). Foto: Anne Wilmers

In der Wetterauer Zeitung wurde unter dem Titel „Mutige Kämpferinnen“ über unser Projekt berichtet, das wir mit Unterstützung der Partnerschaft für Demokratie im Wetteraukreis, gefördert im Bundesprogramm des Familienministeriums „Demokratie leben!“, umsetzen konnten.

Mutige Kämpferinnen
Wetterauer Zeitung, 8.3.2019
Missbrauch und Machtmissbrauch. Das gibt es weltweit und in allen Kulturen. Frauen sind am häufigsten betroffen. Regisseurin Barbara Miller hat fünf Frauen aus fünf Kulturen porträtiert, um auf prekäre Situationen von Frauen aufmerksam zu machen. Daraus ist der Dokumentarfilm #femalepleasure entstanden. Einer, der genau zu den Forderungen der Soroptimistinnen in Bad Nauheim passt.


Sie alle eint ein Schicksal. Frauen werden unterdrückt. Macht, Machtmissbrauch und Missbrauch. Doch die fünf mutigen Frauen aus dem Film #femalepleasure kämpfen dagegen an: Weil der Inhalt des Films und die Botschaft sehr gut zu Zielen und Projekten des Soroptimist-Club aus Bad Nauheim passt, haben die Soroptimist-Frauen einen Filmabend organisiert. Am Mittwoch, 27. März, zeigt der Club den Film #femalepleasure im Central in Friedberg. Herausragend ist, dass eine der Protagonistinnen, Doris Wagner, am Abend vor Ort sein wird, um mit dem Publikum ins Gespräch zu kommen. Wagner wird zur Zeit in der Presse, im TV und im Radio fast täglich interviewt, weil sie ihren Missbrauch als katholische Nonne öffentlich gemacht hat und Aufklärung in der katholischen Kirche fordert.

Das Projekt des Monats
Für den Soroptimist-Club ist es eine Herzensangelegenheit, diesen Film »unter die Leute zu bringen«, sagt Anne Wilmers, die den Filmabend moderieren wird. Der Club setzt sich seit 28 Jahren in Bad Nauheim für Frauen und deren Rechte ein. Im Club sind berufstätige Frauen aus unterschiedlichen Bereichen organisiert, die sich einerseits zu monatlichen Vorträgen treffen und auch weltweite Projekte unterstützen. Mit einem eigenen Projekt in Friedberg sind die Soroptimistinnen jetzt clubintern mit der Auszeichnung »Projekt des Monats« bedacht worden. Die Frauen organisieren ein Selbstbehauptungsprojekt für hörgeschädigte Mädchen an der Johannes-Vatter-Schule. »Man weiß, dass gehandicapte Mädchen viel häufiger Opfer sexueller Übergriffe werden, als Mädchen ohne Einschränkungen«, erklärt Wilmers. Daher sei man auf die Idee gekommen, zusammen mit hörenden Mädchen dieses Projekt an der Schule zu ermöglichen. Hier schließt sich der Kreis zum Film #femalepleasure. Im vergangenen Jahr haben die Bad Nauheimer Soroptimistinnen den Film bei einer Tagung in Österreich gesehen und waren beeindruckt. Regisseurin Barbara Miller war vor Ort und hat für ihren Dokumentarfilm geworben. Fünf mutige Frauen stehen im Zentrum des Films. Sie brechen das Tabu des Schweigens und der Scham, das ihnen die Gesellschaft oder ihre religiösen Gemeinschaften mit ihren patriarchalen Strukturen auferlegen. Deborah Feldman, Leyla Hussein, Rokudenashiko, Doris Wagner und Vithika Yadav setzen sich für sexuelle Aufklärung und Selbstbestimmung aller Frauen ein, hinweg über gesellschaftliche sowie religiöse Normen. Dafür zahlen sie einen hohen Preis – sie werden diffamiert, verfolgt, verstoßen und bedroht. Ursprünglich haben die Soroptimistinnen Regisseurin Miller für den Filmabend eingeladen. Dazu haben sie zur Finanzierung einen Antrag bei der Initiative »Partnerschaft für Demokratie im Wetteraukreis« gestellt. »Wir wollen Frauenthemen in die Welt bringen«, sagt Wilmers. Und so haben sie auch gleich noch bei den selben Partnerschaftsinitiativen in Wiesbaden und Langen nachgefragt und um Unterstützung gebeten. Das hat geklappt. Der Film wird also nicht nur in Friedberg im »Central« zu sehen sein, sondern auch in Wiesbaden und Langen.

Hilfe in der Wetterau
Um das alles vorzubereiten, haben sich die Soroptimistinnen in Wiesbaden mit Gleichgesinnten und Doris Wagner getroffen. Wagner wird sich nach dem Film eine Stunde Zeit nehmen, um mit Zuschauern zu sprechen. Die Regisseurin muss an diesem Tag zum Filmstart nach Frankreich und kann nicht in Friedberg sein. »Es ist kein Termin nur für Frauen, junge Männer sind uns besonders willkommen«, sagt Wilmers. Wer durch den Film auf die Missstände von Frauen aufmerksam geworden ist und vor Ort Hilfe sucht, findet ebenfalls Ansprechpartner. Vertreterinnen des Frauennotrufs aus Nidda, vom Frauenhaus Wetterau und vom Verein »Wildwasser« werden da sein. Der Film wird am Mittwoch, 27. März, um 19 Uhr im Central-Studio in Friedberg gezeigt. Karten gibt es bei der Buchhandlung Bindernagel. Menschen unter 25 Jahren zahlen 3 Euro Eintritt, Menschen über 25 Jahre zahlen 5 Euro.

Artikel aus der WZ, online am 08.03.2019 von Sabine Bornemann

Regisseurin Barbara Miller (l.) erzählt die Geschichte der Frauen (v.l.) Rokudenashiko, Leyla Hussein, Vithika Yadav und Doris Wagner. Deborah Feldman konnte beim Fototermin nicht mit dabei sein. (Fotos: X-Verleih AG)

Die Nachberichterstattung fand unter dem Titel „Eine Frage des Respekts“ in der Wetterauer Zeitung statt.

Eine Frage des Respekts

Aufreizende Werbeplakate knallen in den Zuschauerraum: nackte Haut in Pose, der Mann dominant, die Frau als Lustobjekt. Schönheit zählt. Die Schweizer Regisseurin Barbara Miller zeigt in ihrem Dokumentarfilm, dass Macht und Machtmissbrauch, Frauenfeindlichkeit und Unterdrückung der weiblichen Sexualität weltweit und in allen Kulturen ein aktuelles Thema ist. Fünf junge Frauen aus Deutschland, Japan, Amerika, Indien und Afrika wehren sich dagegen und machen Mut. Der Club Soroptimist Bad Nauheim zeigte den Film #Female Pleasure in Friedberg. Diskussionsgast war eine Betroffene, die ehemalige Nonne Doris Wagner.

Die fünf Frauen stehen für unzählige Schicksale. Sie hatten den Mut zu rebellieren, gegen ehr- und körperverletzende Traditionen aufzubegehren, sich zu lösen aus Bevormundung und Machtlosigkeit, Tabus zu brechen und damit in ihren Kulturen ein neues Bewusstsein einzuläuten. Deborah Feldman, die Chassidin aus den USA, war die erste Frau, die aus der ultraorthodoxen jüdischen Gemeinschaft ausbrach.

Was ein Knetmodell erreicht

Leyla Hussein, Psychotherapeutin aus Somalia, kämpft mit Leidenschaft dafür, dass Mädchen nicht mehr beschnitten werden. Die Menschenrechtsaktivistin Vithika Yadav engagiert sich in Indien gegen Sklaverei und sexuelle Gewalt. Die Initiative »Love Matters« bringt ihr Credo »Partnerschaft für alle Geschlechter« auf die Straße, wo sie die jungen Leute erreicht. Unter dem Pseudonym Rokudenashiko startet die japanische Künstlerin eine sexuelle Revolution, indem sie mit Mangas und Skulpturen versucht, weibliche Genitalien zu enttabuisieren. Und schließlich Doris Wagner, die Theologin, Buchautorin und ehemalige Nonne der Geistlichen Familie »Das Werk«, die das Schweigen über den Missbrauch durch einen Priester brach.

In diesem bunten, treibenden, berührenden und beschämenden Film klagen die Frauen an, was an Falschheit und Ignoranz in den Religionen und Kulturen steckt. Aber sie tun auch etwas dagegen: Sie klären auf, reden, schreiben. Für die jungen Männer in Somalia ist die Demonstration der weiblichen Genitalverstümmelung am Knetmodell schockierend, aber heilsam. Hier die Phalluseis lutschenden Japaner und dort das vaginageformte Gummiboot von Rokudenashiko. Eine Performance zeigt eine Massenvergewaltigung in Dehli: »Habt ihr mich nicht schreien gehört?«, klagt das Opfer an.

Weghören, wegducken, nicht wahrnehmen und nicht darüber nachdenken wollen, so zeigt sich auch die katholische Kirche. »Meine Täter in Rom sitzen weiter fest im Sattel. Vom Papst habe ich noch nicht einmal eine Antwort erhalten«, sagt Wagner. Das blanke Ausgeliefertsein als junge Nonne unter dem Deckmantel der Einvernehmlichkeit gleicht der Brutalität, mit der Männer sich ihr Recht an den vermeintlich willen- und empfindungslosen Frauen in Indien nehmen. Doch am Ende wird deutlich, dass schonungslose Aufklärung und Durchhaltevermögen die sexuelle Welt der Frauen verändern können – mit den Männern.

In der Diskussion mit Vertreterinnen von Wildwasser, Frauennotruf, Frauen helfen Frauen und mit Doris Wagner zeigte sich, dass Gewalt an Frauen und Kindern vor der Wetterau nicht haltmacht, aber auch Erfolge erzielt werden. Bewusst machen, bekennen und bewegen ist das Motto von Soroptimist. »Vor 20 Jahren gab es schon Studien über Missbrauch in der Kirche, aber da hat keiner zugehört. Ich hoffe, der Druck wächst, dass man jetzt reagieren muss«, hofft Wagner, die inzwischen mit einem ehemaligen Priester verheiratet und Mutter ist. Ihr Leben fühle sich so sehr gut an, bestätigt sie.

Wetterauer Zeitung online, 29.03.2019, Autorin: Hanna von Prosch

Leyla Hussein, Psychotherapeutin aus Somalia (r.), kämpft mit Leidenschaft dafür, dass Mädchen nicht mehr beschnitten werden. In dieser Filmszene spricht sie mit Massai-Frauen in Kenia über weibliche Genitalverstümmelung. (Foto: hms/X-Verleih AG)